Die „Sterne Sulms“ feiern Geburtstag – Eduard und Georg Emil Rheineck

Historisches Porträt von Eduard Rheineck
Eduard Rheineck (1838-1918)
Historisches Porträt von Georg Emil Rheineck
Georg Emil Rheineck (1848-1916)
Porträtbüste des Dichters Joseph Victor von Scheffel, gerfertigt von Georg Emil Rheineck
Porträtbüste des Dichters Joseph Victor von Scheffel (1826-1886), mit dem auch Wilhelm Ganzhorn (1818-1880) in Kontakt stand, gefertigt von Georg Emil Rheineck.

Ende Mai jährt sich der Geburtstag des aus Neckarsulm stammenden Bildhauers Georg Emil Rheineck zum 175. Mal, bereits Mitte April wäre sein älterer Bruder Eduard 185 geworden – Anlass, an die beiden Künstler zu erinnern, die Stadtpfarrer Maucher in seiner „Geschichte Neckarsulms“ (1901) in einer Reihe mit anderen Neckarsulmer Künstlern, Dichtern und Bildhauern als „Sterne Sulms“ bezeichnet. Beide wurden als Söhne des Oberamtswundarztes Eduard Rheineck und seiner Frau Ida in Neckarsulm geboren und wuchsen vermutlich in der Lammgasse auf.

Eduard Rheineck (17.04.1838-29.09.1918)

Eduard Rheineck zeigte früh künstlerische Neigungen. Er machte beim Neckarsulmer Maler Kempter eine Ausbildung und erlernte dann in Schwäbisch Gmünd die Bildschnitzerei. Ab 1862 studierte er an der Kunstakademie München und arbeitete von 1863 an als Bildhauer in der Mayerschen Kunstanstalt. Diese belieferte Kirchen weltweit mit Innenausstattungen, Skulpturen und Mosaiken. Nach dem Tod ihres Direktors leitete Eduard das Unternehmen. 1865 heirateten Eduard und Anna Seltenhorn, aus der Ehe gingen acht Kinder hervor.

Wenig ist über Eduards weiteren Werdegang und seine Werke bekannt: 1892 stiftete der Jungfrauenverein Neckarsulm für die St. Dionysiuskirche zwei von ihm gefertigte Tragfiguren für Prozessionen (Maria mit Jesuskind und St. Joseph), und 1894 schuf er für die wieder eingeweihte Klosterkirche eine Marienfigur. In Privatbesitz befinden sich heute noch zwei Marienfiguren und eine Holzskulptur. Ein weiteres seiner Werke ist eine 1896 vom Mayerschen Kunstinstitut an die Most Holy Redeemer Church in New York (173 East 3rd Street) gelieferte Kalvarien-Gruppe.

Georg Emil Rheineck (24.05.1848-04.07.1916)

Über Georg Emil, das jüngste der fünf Kinder des Ehepaares Rheineck, ist mehr bekannt. Als Vierzehnjähriger war es sein größter Wunsch, Architekt zu werden. Anders als seine älteren Brüder durfte er nach Beendigung der Latein- und Realschule nicht studieren, sondern absolvierte eine Lehre in der Neckarsulmer Bildhauerwerkstatt Zartmann. Dort bewährte er sich durch Fleiß und Zuverlässigkeit und wurde an der gewerblichen Fortbildungsschule in Heilbronn mit Preisen ausgezeichnet. Nach der Gesellenprüfung bildete er sich neben seiner Berufstätigkeit künstlerisch weiter, um an der Kunstakademie studieren zu können. Während seiner Militärdienstzeit nahm er 1870/71 auch am Deutsch-Französischen Krieg teil. Anschließend führten Wander- und Studienjahre ihn ab 1873 nach München, Stuttgart und Dresden, wo er an der Kunstakademie bei Adolf Breymann und Ernst Julius Hähnel studierte.

1879 heiratete er Emma Clothilde Roßhirt, 1880 wurde Tochter Emma geboren, und 1883 zog das Ehepaar nach Leipzig, wo sich Rheineck als Künstler einen Namen machte. Kurz nach der Geburt der zweiten Tochter Ida aber starb 1883 Ehefrau Emma – ein schwerer Schicksalsschlag, von dem sich Rheineck bis zu seinem Lebensende wohl nicht mehr erholt hat. Die Töchter Emma und Ida wuchsen bei Verwandten in Öhringen und Pforzheim auf, Rheineck zog nach Karlsruhe und zog sich mehr und mehr in seine Arbeit zurück. 1886 ließ er sich in Stuttgart nieder, wo er am 4. Juli 1916 starb und auf dem Stuttgarter Pragfriedhof beerdigt wurde.

Rheinecks qualitätsvolle Werke waren überwiegend Auftragswerke und deshalb dem von seinen Auftraggebern bevorzugten konservativen, realistischen Stil verpflichtet – historisierende oder gar expressionistische Elemente finden sich kaum. Er fertigte Büsten, Medaillons, Grabmäler, kleine Skulpturen und Gefäße: Dazu zählten auch eine Büste für den Leipziger Gewandhauskapellmeister Carl Reinecke, Grabmale der Familien Gaucher und Schiedmayer auf dem Stuttgarter Pragfriedhof, Skulpturen für die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Kunstakademie und das Landesgewerbemuseum Stuttgart (heute: Haus der Wirtschaft) sowie die Hegel-Statue am Stuttgarter Rathaus.

In unserer näheren Umgebung hat Rheineck kaum Spuren hinterlassen: Für Neckarsulm plante er 1909 als Ersatz für den restaurierungsbedürftigen Marktbrunnen den "Neckar-Sulm-Brunnen", der jedoch nicht ausgeführt wurde. In Heilbronn schuf Rheineck den Fischbrunnen, der 1899 auf der heutigen Allee (etwa in der Höhe des Hauses Nr. 61) seinen Platz fand. Als jedoch Ende des Ersten Weltkrieges Metall für die Herstellung von Waffen und Munition benötigt wurde, musste 1918 auch der Brunnen an die Kriegsmetall AG in Berlin abgeliefert werden – nur wenige blieben erhalten.

Einige Werke Rheinecks wurden von seinem Enkel an den Heimat- und Museumsverein Neckarsulm übergeben, und auch das Stadtmuseum Neckarsulm bietet einen Einblick in Rheinecks Werk. Genaueres über Künstler und Werk können Interessierte in der Festschrift nachlesen, die das Stadtarchiv Neckarsulm anlässlich des 80. Todestags herausgegeben hat. Sie ist im Stadtarchiv, Marktstraße 16, zum Preis von einem Euro erhältlich. (Barbara Löslein/Vera Kreutzmann)